Handchirurgie

 

Unser Tastsinn, das Bewegen von Gegenständen, unsere Gestik…alles Beispiele für Lebenswichtiges, was von unseren
Händen ausgeht. Welche Anforderungen dafür an diese gestellt werden, bleibt im Verborgenen: Knochen, Gelenke, Sehnen, Nerven,
Blutgefäße, Hautmantel und Handmuskeln müssen jeder für sich und kombiniert  funktionieren. Nur ein kleiner Ausfall kann das gesamte funktionierende Gebilde zum Einstürzen bringen. Manchmal reicht die kleinste Verletzung wie eine Quetschung, ein Sturz, eine Verbrennung, dass ein Knochen bricht oder Sehnen, Nerven, Bänder und Gefäße reißen. Auch Erkrankungen wie Infektionen bzw. Gelenkrheuma führen zu wesentlichen Beeinträchtigungen der Hand. Solche Verletzungen, Erkrankungen und Fehlbildungen werden von Handchirurgen behandelt. Die Handchirurgie ist eine Spezialmedizin bei der sowohl operativ wie auch konservativ  gearbeitet wird. Am Ende einer handchirurgischen Operation und/oder Therapie steht die Erhaltung oder Wiederherstellung einer gefühlsversorgten, greiffähigen, beweglichen und schmerzfreien Hand. Mit der Handchirurgie beschäftigen sich Ärzte, die einen speziell hierfür ausgerichtete Ausbildung absolviert haben, um als Spezialist in diesem Fachgebiet arbeiten zu können (Handchirurg).

Was ist nun heute mit dieser Spezialchirurgie machbar?

  1. Instabile Gelenke können durch Bandersatz oder Gelenkversteifung gefestigt werden.
  2. Gelenkverschleiß kann reduziert werden.
  3. Nicht verheilte Brüche werden durch eine Operation retardiert behoben.
  4. Mikrochirurgische Nerventransplantationen lösen Nervenprobleme.
  5. Durch Sehnenverlagerung, -ersatz oder -lösung können  Sehnenprobleme minimiert werden.
  6. Hauttransplantationen kaschieren Hautdefekte und Narben.

Mit den folgenden Erkrankungen sind Handchirurgen oft konfrontiert:

Dupuytren´sche Kontraktur

eingekrümmte Finger, verdickte Stränge, Knoten in der Hand.
Zwischen der sichtbaren Handhaut und den Sehnen bzw. Nerven in der Hand liegt eine strangförmige Gewebeschicht. Sie schützt die empfindlichen Sehnen und Nerven in der Hand. Kommt es nun zu einer Dupuytren´schen Kontraktur, verändert sich diese Zwischenschicht: Sie wird strangförmig dicker, entwickelt Knoten und verkürzt sich mit der Folge, dass die Finger mehr und mehr gekrümmt werden. Endgültig ist die Ursache noch nicht geklärt. Es steht jedoch fest, dass die Vererbung eine große Rolle dabei spielt. Eine OP erfolgt u.a. dann, wenn ein oder mehrere Finger nicht mehr gestreckt werden können.

Sulcus-Ulnaris-Syndrom

Das Sulcus-Ulnaris-Syndrom ist eine Reizung und Lähmungs- erscheinung des Ellennerves (Nervus Ulnaris), die durch eine Einengung des Nervs am Ellenbogen ausgelöst wird. Dadurch werden die versorgten Unterarm- und Handmuskeln geschwächt. Diese kritische Stelle kennt man als den sogenannten „Musikantenknochen“. Stößt man sich hier, wird ein starker, sehr unangenehmer Reiz ausgelöst, der den Unterarm entlang bis in die Fingerspitzen zieht. Beim Sulcus-Ulnaris-Syndrom besteht durch die chronische Einengung des Nervs am Ellenbogen ein vergleichbares Gefühl, mehr oder weniger dauerhaft.
Mit einem chirurgischen Eingriff sind wir in der Lage, diese Beschwerden zu beheben. Je nach Befund kann die Operation in Plexusanästhesie ambulant durchgeführt.
Epicondylitis humeri radialis (Tennisarm)

Beim Tennisarm handelt es sich um eine lokalisierte Entzündung, im Bereich der Streckmuskulatur des Unterarms und der Hand. Medizinisch betrachtet handelt es sich dabei um eine so genannte Epicondylitis (humeri radialis). Sie gehört zum einen zu den Insertionstendopathien (Erkrankung der Sehnen, Sehnenscheiden und Bänder), zum anderen auch zu den Myotendinosen (Erkrankung der Einheit Muskel) ; (Myo und Sehne = Tendo). Demzufolge handelt es sich bei der Epicondylitis (humeri radialis) um eine Erkrankung der Sehnen und Bänder, unter Beteiligung der angrenzenden Muskulatur. Tendopathien (Sehnenentzündungen) können unter Umständen schmerzhafte Veränderungen an Sehnen im Bereich eines Muskelursprungs, von Muskel-, Band- oder Kapselansätzen hervorrufen. Eine Tendopathie kann somit nahezu im ganzen Körper auftreten.  Beim Tennisarm treten infolge einer Überbeanspruchung der Muskulaturcharakteristische Schmerzen auf, die die Gebrauchsfähigkeit des betroffenen Armes unter Umständen enorm einschränken. Der Tennisarm tritt bei Männern und Frauen gleichermaßen auf, am häufigsten im mittleren Lebensalter. Der Tennisarm kann sowohl konservativ als auch operativ behandelt werden. In der Regel versucht man zunächst, das Krankheitsbild konservativ zu behandeln. Diese impliziert Behandlungsmethoden wie beispielsweise: Ruhigstellung, elektromechanische Stimulation, Kortisoninjektionen, Salbenverbände. Wenn die konservativen Maßnahmen nicht anschlagen, kann eine Operation notwendig werden. Hierbei werden die Muskeln, die für das Strecken des Armes benötigt werden („Unterarmstrecker“) gelockert, indem der Sehnenansatz eingekerbt wird.

Karpaltunnelsyndrom

kribbelnde Finger, nächtliche Schmerzen und Taubheit.
Das Karpaltunnelsyndrom entsteht durch die Einklemmung eines Nervs, der auf der Höhe des Handgelenks liegt.
Der eingeklemmte Nerv schmerzt vor allem nachts und entwickelt im Lauf der Zeit ein permanentes taubes Gefühl in
den Fingern. Die Ursache dieser Erkrankung ist meist nicht feststellbar. Stellt der Neurloge eine verzögerte distale motorische Latenz des N. medianus fest, sollte über eine OP diskutiert werden, um einer späteren größeren Schädigung vorzubeugen. Die Operation wird ambulant in Plexusanästhesie durchgeführt

Ganglion

Oberbein- Schwellungen, Blasen und Schmerzen.
Das Symptom kommt von einer Zyste, die man sich wie ein Überbein am Handgelenk vorstellen kann. Diese Zysten
können wachsen und dabei die Haut durchbrechen. Platzt die Zyste an der Hautoberfläche oder wird sie gewaltsam
geöffnet, besteht die Gefahr, dass Bakterien ins Gelenk wandern und dort zu schweren Gelenkinfektionen führen können.
Eine OP ist dann notwendig, wenn die Zyste länger als sechs Monate bestehen bleibt, sie stark schmerzt oder zu platzen
droht. Bei einer Operation wird sie dann komplett entfernt.

Schnellender Daumen bzw. schnellender Finger

Versucht man nach längerer Ruhepause den Daumen oder einen Finger zu strecken, schnellt dieser bei diesem Krankheitsbild nach vorherigem „Festhacken“ abrupt nach oben in die Streckposition. Eine Variante zeichnet sich dadurch aus, daß der Betroffene Schwierigkeiten hat, die Hand ohne Schmerzen zur Faust zu schließen oder vollständig strecken zu können. Ursache für die Krankheit sind Blockaden in den Sehnen der Finger, die sich durch Kraftanstrengungen ruckartig lösen (schnellender Daumen oder Finger). Häufig entsteht diese Erkrankung nach vorausgegangener, ungewohnter hoher Beanspruchung der Hand. Bei der Operation handelt sich dann um einen verhältnismäßig kleinen und relativ komplikationsarmen Eingriff.

Tendovaginitis stenosans de Quervain

Unmittelbar vor dem Handgelenk – Stellen Sie sich eine Verlängerung vom Daumen zum Unterarm vor – liegt ein tunnelartiger Kanal. Durch diesen Kanal verlaufen mehrere Sehnen zum Daumen, in der Regel zwei . Selten kommt es auch einmal vor, dass dieser Kanal drei oder sogar vier Sehnen enthält. Bei einer de Quervain’schen Erkrankung ist dieser Kanal verengt. Bei Bewegung des Daumens müssen diese Sehnen durch den Kanal. Bei Verengung des Kanals kommt es hier zu Reibungen der Sehnen mit den Kanalwänden, wodurch ein starker Schmerz entsteht . Hier lässt sich eine Vielzahl von einzelnen Ursachen in Betracht ziehen. Häufig liegt eine Überanstrengung oder Entzündung vor, die den Kanal zu eng werden lässt. Bereits äußerlich ist dann an der betreffenden Stelle eine Verdickung zu sehen, die auf Druck auch sehr schmerzhaft ist. In einzelfällen ist auch eine anatomische Besonderheit Ursacheh für die de Quervain’sche Erkrankung , bei der nicht zwei, sondern mehr als zwei Sehnen im Kanal verlaufen. In der Regel ist für den erfahrenen Handchirurgen die de Quervain’sche Erkrankung leicht zu erkennen. Die starke Verdickung im Bereich des Kanals (1. Streckerfach) ist äußerlich deutlich erkennbar. Wenn an dieser Stelle bei Druck zusätzlich Beschwerden auftreten und ein bestimmter Test (Finkelstein-Test) positiv ist, so kann die de Quervain’sche Erkrankung gut diagnostiziert werden.

Modellprojekt Handchirurgische Versorgung der Berufsgenossenschaften

Etwa 45% der Unfallverletzungen betreffen die Hand. Sie werden in der Regel von Ärzten versorgt, die nicht über die Zusatzbezeichnung „Handchirurgie“ gemäß der Weiterbildungsordnung verfügen. Das Modellprojekt „Handchirurgische Versorgung“ soll unter Nutzung vorhandener vertraglicher Möglichkeiten die adäquate Versorgung sicherstellen. Damit können Bagatellfälle erkannt und Verletzungen der weiteren Versorgung durch einen Handchirurgen zugeführt werden. Die Möglichkeit einer zeitnahen handchirurgischen Beratung ergänzt das Versorgungsangebot. Die Mitarbeit im „Modellprojekt Handchirurgie“ der Berufsgenossenschaften und die Weiterbildungsbefugnis für Handchirurgie sind Zeugnis und Anerkennung für unsere qualifizierte Arbeit auf diesem Gebiet.